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Die Orientierung am Halter
Die Orientierung des Hundes an seinen Halter sieht für jedes Mensch-Hund-Team anders aus. Die einen möchten, dass ihr Hund während des Spaziergangs die ganze Zeit an lockerer Leine neben ihnen läuft und immer im Blick hat. Anderen wiederum ist es wichtig, dass ihr Hund sich ab einer bestimmten Entfernung zum Halter freiwillig und selbstständig umsieht und Blickkontakt zu seinem Halter aufbaut. Beides Verhaltensweisen sind Formen von Orientierung und gehören zu den grundlegenden Bausteinen einer harmonischen und vertrauensvollen Beziehung zwischen Hund und Halter.
Wozu brauchen wir die Orientierung unserer Hunde?
Für die gemeinsame Zusammenarbeit mit unseren Hunden ist es wichtig, ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit unserer Hunde zu haben. Beim Rückruf, damit der Hund auf dem schnellsten Weg zu uns gelangt, oder um den Hund zu stoppen, bevor dieser trotz Leine die rote Ampel “übersieht” und auf die Straße läuft – ein Teil der Aufmerksamkeit des Hundes sollte im Alltag immer beim Menschen sein. Unsere Hunde leben in einer modernen Welt, die von Menschen für den Menschen gestaltet wurde. Dieser Umstand erschwert es den Hunden in vielen Situationen die “richtige” Entscheidung zu treffen, da die sinnvollste Entscheidung aus der Sicht des Hundes häufig nicht in die Menschenwelt (oder die moderne Gesellschaft) passt.
Zeigen alle Hunde die gleichen Merkmale für Orientierung am Halter?
Diese Frage klingt auf der ersten Blick unglaublich banal, setzt man sich jedoch genauer mit diesem Thema auseinander, so bemerkt man wie vielschichtig das Thema wirklich ist. Wie bei den meisten Dingen spielen hier genetisch verankerte sowie erlernte Verhaltensweise eine gewaltige Rolle.
Hund A, der einer Jagdhunderasse angehört und gelernt hat, auf dynamische Umgebungsreize (also sich bewegende Objekte) zu achten, wird potenziell weniger freiwilligen und selbstständigen Blickkontakt zu seinem Halter aufbauen.
Hund B, der beispielsweise einer Hütehundrasse (Border Collie, Australian Shepherd, etc. ) angehört wird tendenziell mehr auf die Signale des Menschen achten, da diese Hunde für die Zusammenarbeit mit dem Menschen gezüchtet wurden. Diese Hunde zeigen aufgrund ihrer genetischen Veranlagung eher eine Orientierung zum Halter und empfinden dies auch in den meisten fällen als angenehm und selbstbelohnend.
Ein Hund der erlernt hat, auf dynamische Umgebungsreize (also sich bewegende Objekte) zu achten, weil er sie für jagdbar hält, wird potenziell weniger freiwilligen und selbstständigen Blickkontakt aufbauen, als ein Hund, dem diese Reize egal sind.
Aus diesem Grund hat auch die Genetik, also die Rasse des Hundes, einen großen Einfluss auf dessen Verhalten im Bezug auf seine Orientierung. Ein Beagle oder eine Bracke zum Beispiel leben in einer Nasenwelt – sie achten viel mehr auf die Gerüche in Ihrer Umgebung, als auf visuelle Eindrücke.
Herdenschutzhunde hingegen wurden speziell dafür gezüchtet, um auch in Abwesenheit des Menschen selbstständig die Herde vor Eindringlingen, Dieben, fremden Artgenossen oder Raubwild zu schützen. Für diese Aufgabe war es nicht erforderlich, dass das Tier Blickkontakt zu seinem Halter sucht, oder sich in seiner Nähe aufhält.
Woran erkenne ich, ob mein Hund an mir orientiert ist?
Hierfür gibt es auch keine ganz eindeutige Antwort, denn wie im Absatz zuvor erklärt, neigen Hunde je nach Rasse und Lebenserfahrung zu unterschiedlichen Verhaltensweisen. Grundsätzlich ist jede körperliche Ausrichtung in unsere Richtung als versuch zu werten, sich an uns zu orientieren, ganz gleich ob wir den Hund dazu aufgefordert haben, oder ob er es freiwillig gezeigt hat. Wer seinen Hund ohne Leine führen kann, darf gerne folgendes ausprobieren:
Dein Hund befindet sich in einem Abstand von maximal 3 Metern vor dir. Ohne Vorwarnung wechselst du schnell (also im Laufschritt) die Richtung und läufst von deinem Hund davon. Nach wenigen Augenblicken werden viele Hunde sich zu ihrem Halter umdrehen und ihn verfolgen. Ohne Orientierung kann der Hund sich nicht zum Halter umkehren. Ohne dass sich der Hund zum Halter umkehrt, kann er ihn nicht verfolgen.
Für Hunde, die zur Zusammenarbeit mit dem Menschen gezüchtet wurden ist dies häufig auch ein lustiges Spiel, um die Orientierung des Hundes am Halter zu verbessern. Hierbei ist es allerdings wichtig, dass keine konkurrierende Motivation beim Hund existiert und dieser lieber die Brotzeit des letzten Wanderers am Wegesrand frisst, als zum Menschen zu kommen.
Eine Übung für bessere Orientierung des Hundes an seinem Halter
Auch das Trainieren des Blickkontakts auf Kommando hilft vielen Hunden, ein besseres Gefühl für deren Halter zu bekommen.
Bei Hunden, die noch kein Kommando für den Blickkontakt erlernt haben, ist es notwendig, dem Hund das gewünschte Verhalten im Training durch verschiedene Lock-Versuche beizubringen.
Die wahrscheinlich beliebteste und einfachste Variante ist das “Schau”-Spiel. Dabei benötigt man für den Mensch zum Verzehr geeignete Leckerchen in ca. 1*1 cm großen Stückchen (z. B. Wiener Würstchen, Käse, Leberkäse, etc.). Je nach Körpergroße des Hundes darf die Größe der Belohnung selbstverständlich variieren. Der Hund sollte dadurch nicht satt werden, stattdessen sollten es eher kleine und gut abschluckbare Leckereien zwischendurch sein. Bei schlechter Bindung zum Halter und komplett fehlender Orientierung kann hier aber auch mit dem der Futterration des Hundes gearbeitet werden.
Der Hundehalter nimmt nun eines dieser Stücke in den Mund und schiebt es sich zwischen die Backenzähne und die Wange. Danach sagt der Halter das Wort “Schau” und spuckt seinem Hund das Leckerchen zu. Zu Beginn der Übung spielt es noch keine Rolle, ob der Hund auf das Wort “Schau” hin wirklich Blickkontakt aufgebaut hat. Nach wenigen Versuchen lernen die meisten Hunde, dass der Mensch nach diesem Wort ein Leckerchen auf den Boden spuckt.
Hunde möchten ihre Belohnung immer schnellstmöglich und auf dem direkten Weg (der Mensch übrigens auch), deshalb wird der Hund schnell anfangen nicht mehr auf den Boden zu achten, auf dem die Leckereien landen, sondern wird erkunden, wo die Würstchen herkommen.
Nach wenigen Wiederholungen in denen der Hund sieht, dass das Leckerchen aus unserem Mund kommt, wird der Hund nun auf den für ihn Ersichtlichen Ursprung des Leckerchens fixiert sein und rasch Blickkontakt aufbauen, wenn das Wort ertönt, welches ihm bis zu diesem Punkt immer ein Leckerchen versprochen hat – “Schau”.
Hat der Hund dies einmal verstanden, führen weitere Wiederholungen zu einer Festigung des Gelernten und letztendlich dazu, dass der Hund dies in Zukunft schnell abrufen kann. Genau wie alles andere, was wir im Training mit unseren Hunden in kleinen Schritten auftrainieren, muss auch das “Schau” immer wieder wiederholt werden, damit es nicht an Bedeutung verliert und der Hund es dauerhaft schnell und freudig zeigt.
Wenn du mehr Tipps möchtest, um die Orientierung deines Hundes zu dir zu verbessern, oder Schwierigkeiten im Training hast, kannst du uns gerne jederzeit kontaktieren. Wir verhelfen dir und deinem Hund gerne zu einem entspannten Alltag miteinander.
Für Veranstaltungen rund um den Hund und für ein harmonisches Zusammenleben mit deinem Vierbeiner, besuche auch gerne unseren Online-Shop.
Zum Blog: https://hundeschule-fellnase.de/hundewissen/
Zum Shop: https://hundeschule-fellnase.de/marktplatz/
FAQ
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Wozu brauche ich die Orientierung meines Hundes?
Ein orientierter Hund kann Anweisungen seines Halters viel schneller befolgen. Gerade in der modernen und teilweise sehr belebten Menschenwelt ist dies ein wichtiges Element, um dem Hund Freiheiten geben zu können.
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Welche Übungen kann ich machen um die Orientierung zu verbessern?
Das “Schau”-Spiel oder rasche und freudige Richtungswechsel bewirken bei vielen Hunden wunder. Eine einfache Erklärung dazu findest du in diesem Beitrag.
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Ist es schlecht für die Bindung, wenn der Hund nicht orientiert ist?
Gerade selbstständige Hunde(rassen) tendieren dazu, ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Nicht alle Hunde sind gleich. Weder im Körper noch im Geist. Daher erfüllen viele Hunde die gleichen Aufgaben auf verschiedene Art und Weise. Es ist immer darauf zu achten, welche Veranlagung der Hund anhand seiner Rasse mitbringt. Ein Beispiel dazu findest du in diesem Beitrag.
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Kann der Hund auch lernen, sich an einem bestimmten Gegenstand wie einem Target zu orientieren?
Grundsätzlich ja – häufig ist hierbei gemeint, dass Hunde einen bestimmten Gegenstand oder eine fremde Person im Fokus halten. Besonders im Schutzdienst ist dies gefordert, um eine fremde Person solange zu verbellen, bis der Halter den Hund erreicht hat. Es ist aber wichtig zu betonen, dass nicht alle Hunderassen zu dieser Leistung in der Lage sind.
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